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Kurzportrait von David Brandstätter

  • Gelernter Nachrichtenredakteur; Laufbahn begann 1981 bei der Main-Post in Würzburg mit einem Voluntariat.
  • Nach verschiedenen Positionen in der Redaktion, im Mai 1993 zum Chefredakteur der Zeitungstitel der Mediengruppe Main-Post berufen.
  • Seit Juli 2001 als Geschäftsführer an der Spitze der Mediengruppe.
  • Darüber hinaus seit 2003 Aufsichtsratsvorsitzender der dpa (Deutschlands größter Nachrichtenagentur).

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Podcast in Textform

Norman: Hallo und herzlich willkommen. Schön, dass ihr wieder reinhört. Hier ist Norman von Markerebell FM. Ich freue mich ganz besonders, denn mein Interviewgast heute ist der Würzburger Verlagsmanager David Brandstätter. David, vielen, vielen Dank für Deine Zeit und schön, dass Du heute da bist. Wollen wir loslegen.

David: Gerne, wir können loslegen.

Norman: David, Du bist gelernter Nachrichtenredakteur und Deine Laufbahn begann 1981 bei der Main Post mit einem Voluntariat. Nach verschiedenen Positionen in der Redaktion wurdest Du im Mai ‚93 zum Chefredakteur der Zeitungstitel der Mediengruppe Mind Post berufen und seit Juli 2001 stehst Du als Geschäftsführer an der Spitze der Mediengruppe und bist darüber hinaus seit 2003 Aufsichtsratsvorsitzender der DPA, Deutschlands größter Nachrichtenagentur.

David, das war jetzt nur ein kleiner und kurzer Überblick über Dich. Damit Dich unsere Zuhörer noch ein wenig besser kennenlernen, stell’ Dich doch vielleicht kurz selber noch mal vor und erzähl’ uns ein bisschen mehr über Dich als Privatperson. Wer ist denn David Brandstätter privat? Und was genau Dein Business ist. #0:01:24.8

David: Ja, das mache ich gerne. Ich muss eine kleine Korrektur machen: Ich bin seit 2003 im Aufsichtsrat der Deutschen Presseagentur und seit zwei Jahren dort der Vorsitzende, aber ansonsten hast Du hervorragend recherchiert.

Norman: (lacht) Okay.

David: Du kannst jederzeit auch bei uns anfangen als Nachrichtenjournalist.

Norman: Ja, sehr schön.

David: Gerne ein paar Sätze zu mir als Privatperson: Wie würde ich mich beschreiben? Ein 55-jähriger, der den Genüssen des Lebens zugetan ist, gutes Essen und guten Rotwein liebt. Da muss man natürlich schauen, dass man da ein bisschen davon wieder los wird. Insofern treibe ich auch ganz gerne Sport. Im Sommer, vorzugsweise bei dem Wetter, mit dem Rennrad. In der Übergangszeit dann Mountain Bike; wenn es mal Schnee gibt, gerne auch als gebürtiger Österreicher und als Kind der Berge, natürlich muss Skifahren jedes Jahr dabei sein. #0:02:15.2#

Und ansonsten habe ich noch ein großes Grundstück - Brachland, am Hang gelegen – zu pflegen. Da ist die Mäharbeit echtes…

Norman: …Herausforderung.

David: …hartes Working, ja absolut. Und das Holz für den Kachelofen mache ich auch weitgehend selber. Insofern, die Mischung als Alternative zum Job ist eigentlich ganz gut, weil der Job ist in erster Linie Schreibtischarbeit. Du hast meinen Werdegang und meine Laufbahn beschrieben. #0:02:43.6#

Heute bin ich zuständig für ein Unternehmen, das 125 Mio. Euro Umsatz macht, die Wurzel als regionale Tageszeitung hat. Heute sind wir Gott sei Dank sehr breit aufgestellt, haben eine sehr große Logistiksparte, wo wir 125 Mio. Euro Umsatz machen mit dem wichtigsten Produkt, das wir zustellen. #0:03:02.7#

Nach der Zeitung ist der Brief – wir sind dort einer der großen Anbieter, aber wir sind als Medienhaus auf allen digitalen Kanälen unterwegs. Und was sich für uns auszeichnet und uns auch relativ stabil darstehen lässt in schwierigen Zeiten, ist die Tatsache, dass wir sehr viele Dienstleistungen für andere Verlage erbringen. Das heißt, wir drucken sehr viele andere Produkte, andere Zeitungen, andere Anzeigenblätter, andere Magazine. Wir arbeiten im Prepressbereich – also, wenn es darum geht, Anzeigen zu setzen, Anzeigen zu gestalten für viele andere Unternehmen. Da sind so Edelmarken dabei, wie die Zeit oder Handelsblatt oder Wirtschaftswoche. #0:03:42.7#

Wir haben ein Kunden Service Zentrum, in dem wir nicht nur unsere eigenen Kunden betreuen, sondern auch beispielsweise die vom Handelsblatt und von etlichen weiteren Unternehmen, auch die Redaktion liefert anderen zu, sodass wir auch ein Dienstleister für andere Unternehmen sind. #0:03:59.7#

Norman: Ja, super. Vielen Dank für den kleinen Einblick. Bevor wir einsteigen in das Thema Digitalisierung oder digitale Markenführung, würde ich mit Dir sehr gerne – gerade aus Sicht eines Verlagsmanagers – noch mal das Thema Marke beleuchten. Wie Du vielleicht weißt, beginnen wir unser Interview immer mit einem Glaubenssatz oder Erfolgszitat. Hast Du sowas wie ein Zitat oder so ein Mantra, nach dem Du lebst? #0:04:27.0#

David: Ich bin da immer ein kleines Bisschen vorsichtig, aber klar, man hat schon so ein paar Lebenserfahrungen von denen man sagt, dass das eigentlich ganz gut funktioniert. Sehr unspektakulär, aber ich habe eines festgestellt: Was immer Du Dir intensiv vornimmst, kannst Du auch erreichen. Das Merkwürdige ist eigentlich, aber auch das Positive, was uns allen Mut machen sollte in Zeiten von Umbruch, erst recht daran zu arbeiten und sich Dinge vorzunehmen. #0:04:58.9#

Gerade im schwierigen Umfeld ist das oft sogar besser erreichbar, weil einfach mehr in Bewegung ist. Da gibt es nur eine alte Weisheit der Chinesen, die mir sehr gut gefällt – ich will das jetzt gar nicht als Erfolgszitat verkaufen, aber für mich ist es so etwas wie eine persönliche Motivation. Die Chinesen sagen: Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern, die anderen Windmühlen. #0:05:20.4#

Norman: Ja, sehr schön.

David: Ich finde das sehr motivierend wirklich darüber nachzudenken. Was negativ ist an einer Veränderung, da müssen wir eigentlich nie nachdenken. Das erreicht uns sofort. Wo wir danach suchen müssen und wir danach trachten müssen ist: Wie können wir diesen Wind der Veränderung nutzen? Und da stellt sich eigentlich – und das ist eine positive Erfahrung, die ich in all den Jahren gemacht habe – heraus, da lässt sich ganz viel gestalten und ganz viel bewegen. Wie gesagt, es kommt nur darauf an, wie ich mit dem Thema umgehe. #0:05:52.1#

Norman: Ja und das kann ich an dieser Stelle auch absolut bestätigen. Wir kennen uns jetzt nicht so intensiv, haben uns aber schon ein paar Mal getroffen. Ich denke da an unser letztes Treffen, auch mit Deinem Kollegen zusammen: Das was ich da gespürt habe, das sind tatsächlich Windmühlen. Was mich total begeistert hat, war dieses Brückenbauen im Kopf – die Flexibilität, diese Agilität über Ideen nachzudenken und vor allen Dingen aktiv nach Lösungen zu suchen, also Dinge nicht zu bewerten, sondern zu verwerten. Was kann man daraus machen? – Das fand ich sehr cool. #0:06:33.1#

David: Hm.

Norman: An dieser Stelle kann ich diesem Zitat auch nur folgen. Gab es in Deinem Leben ein Moment, an dem Du es etwas schwer hattest, woraus Du dann für Dich Deine Learnings ziehen konntest? Gab es so einen Moment, so ein prägendes Erlebnis für Dich? #0:06:53.5#

David: Es gibt natürlich ganz viele Momente in einem Leben, wenn man da selbst kritisch und ehrlich drauf schaut. Immer wenn man Fehler gemacht hat, ist das zunächst ärgerlich, bedauerlich, aber es ist immer so eine Aufforderung Dinge zu verändern. Es gibt vielleicht ein prägendes Ereignis: Ich wurde im Jahr 1995, ich war da jung an Jahren, ich war gerade 34 Jahre alt, war erst zwei Jahre Chefredakteur, aber immerhin schon in einer extrem verantwortlichen Position für 130 Journalisten und dort wurde ich plötzlich noch zusätzlich – so wollte es unser Gesellschafter – Geschäftsführer bei unserem Wettbewerber, der zwar in Wirklichkeit zu 80% unsere Tochter war, nämlich dem Volksblatt hier in Würzburg. Also, der zweiten Zeitung, die gemessen an uns sehr, sehr klein ist, eine deutlich geringere Auflage hat und wirtschaftlich in massivster Schieflage war. #0:07:48.5#

Als ich dort antrat, wurden die letzten 20% Anteile an die Main Post übergeben und damit aber auch ein ganz schöner Scherbenhaufen. Es war ganz schnell klar, es gibt überhaupt gar keine Chance der Fortsetzung, wenn wir nicht bei 34 Mitarbeiterin insgesamt, 50% entlassen. Ich hatte damals das Angebot, ich müsste das nicht machen, ich sollte dann lieber hinterher schauen, wie man die Marke halten könnte, wie man die Zeitung noch am Markt halten könnte, wie man wenigstens die 17 Arbeitsplätze retten könnte – man würde einen Interimsmanager holen. #0:08:25.7#

Darauf habe ich natürlich gerne verzichtet, weil ich wollte mir schon das Team selbst zusammenstellen, mit dem wir in Zukunft weiter arbeiten und das war mir wichtig, auch den anderen 17, die gehen mussten versuchen zu helfen, weil das waren Kollegen, die ich persönlich sehr gut kannte. Es gab zwei Kollegen, mit denen habe ich regelmäßig damals Fußball gespielt und denen musste ich dann sagen, dass es nicht weiter geht. Das sitzt tief in den Knochen und die Analyse war für mich: Man hat einfach viel zu lange zugesehen, ist untätig geblieben und hat jede schwierigere Maßnahme, beispielsweise: Muss ich an der Tarifbindung bleiben? Kann ich mit den Leuten reden, ob man auf Teilzeit geht? Und, und, und. Also, das hat man eigentlich versäumt und hat es nicht getan. Ich sage es ein bisschen böse: Man hat vielleicht den bequemeren Weg gemacht. Solange, bis man wirklich vor der Wand gehangen ist. #0:09:19.1#

Insofern ist für mich etwas sehr, sehr Prägendes immer in den guten Zeiten Vorsorge zu treffen für die schlechten Zeiten. In unserer Branche heißt das immer, weit voraus auf Sicht fahren und auch das Unangenehme angehen. Selbst, wenn man genau weiß, man wird keinen Applaus kriegen, wo viele Mitarbeiter vielleicht sagen „Das kann doch gar nicht sein, uns geht es doch jetzt sehr gut“. Da muss man immer wieder den Leuten sagen „Jetzt ja.“ Aber das kann sich sehr schnell ändern und das ist für mich etwas sehr Prägendes und ich bin sehr, sehr glücklich und auch ein bisschen stolz – ich bin jetzt 15 Jahre Geschäftsführer in einer schwierigen Branche, aber wir haben hier bei der Main Post in Würzburg niemanden betriebsbedingt in dieser Zeit kündigen müssen, was glaube ich ganz wenige Zeitungen sagen können. #0:10:04.5#

Norman: Ja, absolut. Glückwunsch dazu! Was mich interessieren würde: Du hast gesagt, weit vorausschauend zu denken ist extrem wichtig. Ich glaube, das ist auch eine Fähigkeit, die man für sich haben muss. Wie schaffst Du es, dass Du genügend Abstand hast, diesen Adlerblick überhaupt herzustellen? Ist es Deine Hangkoppel oder Deine Hangwiese pflegen und das Holzhacken oder wie schaffst Du das, dass Du diesen nötigen Abstand hast? #0:10:32.2#

David: Das klingt albern, aber es ist tatsächlich wichtig, dass man sich auch einen Freiraum jenseits der Arbeit schafft und zwar einer, der dann durchaus ein bisschen dazu geeignet ist, fast meditativ den Gedanken nachzuhängen. Da ist Radfahren gut, weil man stundenlang mit sich alleine ist. Ich mache gar keinen Hehl daraus, ich fahre auch gar nicht ungerne alleine. Meine Frau findet das aus Sicherheitsgründen immer nicht so spannend, aber ich mache das wirklich gerne, um völlig mit mir alleine zu sein und auf niemanden Rücksicht nehmen zu müssen. #0:11:07.2#

Die Arbeit am Hang und Holzhacken und ähnliches ist alles dazu gut geeignet. Aber selbstverständlich und das muss man auch immer deutlich sagen: Es ist auch ganz wichtig, eine Atmosphäre im Unternehmen zu schaffen, die eigentlich gerade dazu einlädt immer alles auszusprechen, was die Menschen bewegt. Und da ist die Mischung auch im Unternehmen genügend Leute zu haben, die einen ansprechen und auf etwas aufmerksam machen und eher kommen und sagen, was sie nicht so gut finden – Lob ist nett, aber meistens … Lob von unten nach oben ist eher Zwecklob, auf den kann man verzichten. Also diese Mischung, dass man inspiriert wird, dass hier auch Fragen aufgeworfen werden, dass es kritische Menschen gibt, die sich genauso auseinandersetzen und dann die Zeit, das in Ruhe zu reflektieren – was man im Büro ehrlicherweise nie machen kann, weil man da immer in einer Mühle ist -, diese Kombination ist glaube ich ganz gut. #0:12:06.1#

Und man muss ehrlich sein: Die Veränderung, die unsere Branche erfasst hat, da stimmt alles, was es an Prognosen gegeben hat. Nur ein Fehler wurde immer gemacht und der wird nach wie vor immer noch gemacht. Das ist der Faktor Zeit. Es wird immer ein viel zu kurzes Zeitfenster genannt - berühmt: Bill Gates mit keiner Druckmaschine mehr, oder keine gedruckte Zeitung im Jahr 2000. Die Kernaussage, die er getroffen hat, ist richtig, nur die Zeiträume sind durchaus geeignet, dass wir uns darauf einstellen können, ohne dass wir revolutionär alles einreißen müssen. Aber klar, man muss Dinge erkennen, anerkennen auch und sagen “Jawoll, das wird so kommen” und auch wenn es im Moment fast ein bisschen Eigenkanibalisierung ist, aber wir starten jetzt damit und versuchen diesen Weg konsequent zu gehen. #0:12:57.3#

Norman: Ja. Was Du gerade gesagt hast, dieses “Bei sich selbst sein”, dieses “für Dich Fahrradfahren, für Dich alleine dieses Spirituelle”, da bin ich auch völlig bei Dir. Ich bin hier im Odenwald, ich kenne mich aus mit Hangwiesen (lacht). Und das ist tatsächlich ein guter Tipp, wenn man in der Stadt wohnt, da einfach in die Natur zu gehen und da genügend Abstand herzustellen, um von außen auf die Dinge zu schauen. Kannst Du uns vielleicht noch einen Tipp mitgeben - als Du damals in der Situation als 34-Jähriger warst und vor diesen Gesprächen standest, die Leute entlassen zu müssen oder gemeinsam nach Lösungen suchen zu müssen - gibt es da einen Tipp, falls einer der Zuhörer in so einer Situation ist, der Dir geholfen hat damals den Weg zu gehen oder diese Aufgabe zu meistern? #0:13:52.9#

David: Wichtig war für mich anzuerkennen, dass ich hier etwas tun muss, was zwar eine große wirtschaftliche Notwendigkeit hat, aber was einen massivsten Eingriff für die betroffenen Menschen bedeuten wird. Selbst für die, die bleiben. Selbst die, das ist glaube ich ein sehr menschliches Phänomen, da gibt es ein schlechtes gewissen: “Warum kann ich bleiben? Warum ist mein Arbeitsplatz erhalten geblieben - und das waren solche Situationen - und warum muss der junge Familienvater gehen? #0:14:25.4#

Was mir sehr geholfen hat war die Tatsache, dass ich versucht habe bei allem was ich hier tue, immer das Thema Menschlichkeit und eine Werteorientierung in den Vordergrund zu stellen. Für mich war die wichtigste Erkenntnis hinterher die Tatsache, dass es keinen Einzigen der 17 betroffenen, die dann nicht mehr bei uns arbeiten konnten, nicht die Straßenseite gewechselt haben, wenn sie mich in der Stadt getroffen haben. #0:14:52.7#

Und die schönste Botschaft und das was mich am meisten freut ist, es sind alle Kollegen untergekommen. Wir konnten sogar den ein oder anderen später wieder mit etwas Verzögerung an Board nehmen, weil das natürlich genau die Leute waren, die ich mir in meinen Notizblock geschrieben hatte, wenn wir wieder freie Stellen haben, dass selbstverständlich die bekommen. Und das glaube ich haben die Menschen sehr anerkannt, dass sie gemerkt haben, dass das kein geheucheltes Mitgefühl ist, dass das kein ganz gut einstudiertes Szenario ist, sondern dass das werteorientiert war, was ganz schwer ist in der Situation. Und das hat mir sehr geholfen. #0:15:36.4#

Eigentlich die Motivation immer diese Werteorientierung, so etwas wie Unternehmenskultur, so etwas wie Menschlichkeit als ganz wesentliches Element in der Führung einzubauen und heute mache ich regelmäßig Wertetage für neue Mitarbeiter, wo wir genau über dieses Thema sprechen. Also nicht irgendwelche Unternehmensleitlinien an die Wand zu hängen, sondern herzugehen und zu sagen “Ich möchte mit möglichst jedem neuen Mitarbeiter persönlich einen Tag lang darüber sprechen” - in einer Gruppe mit 15 Leuten, mehr mache ich aber nicht, sodass sich jeder mit einbringen kann. So, dass man sich wirklich persönlich begegnen kann, um darüber zu sprechen, wie wir miteinander umgehen wollen; wie wollen wir dieses Unternehmen gemeinsam nach vorne bringen? Und das funktioniert erfreulicherweise ganz gut. #0:16:21.0#

Norman: Ja, das ist beispielhaft. Das finde ich super. Gerade diese Vertrauensbasis ist natürlich enorm. Wenn Du so einen Mitarbeiter zurückholst in Dein Unternehmen, ist das natürlich eine unglaubliche Basis für die gemeinsame Arbeit. Gab es in Deinem Leben - um jetzt mal die andere Werkstätte zu bedienen - den Aha-Moment mit einer Erkenntnis für Dich, wo Du sagst, das war für Dich prägend oder das war ein Game-Changer? #0:16:49.0#

David: Es war tatsächlich die Erkenntnis, nachdem ich hier durchaus autoritäre Führung in dem Haus erlebt habe - das hat natürlich auch damit zu tun. Ich bin hier in den 80er Jahren gestartet. Das war auch eine deutlich andere Welt. Dann waren natürlich ganz andere Generationen als Chefs dran. Das waren alles Leute, die noch im Krieg geboren wurden, also noch einen ganz anderen Erfahrungshorizont haben und ein ganz anderes Deutschland auch erlebt haben. Und ich wusste immer genau, das liegt mir nicht. Das kann es nicht sein. #0:17:23.5#

Ich habe meine Wurzeln nie vergessen. Jeder Mitarbeiter in unserem Haus weiß, dass der Brandstätter aus einem kleinen österreichischen Bergdorf kommt - eine kleine Beamtenfamilie. Mich hier zu generieren als der große Zampano … “Leute, ich habe die Weisheit mit den Löffeln gefressen und…” - Das hätte ich als lächerlich empfunden. Das hätten die Leute mir nicht abgenommen und insofern musste ich einen eigenen Weg finden: Wie erreiche ich die Menschen? Anselm Grün hat das mal schön definiert: Führen ist zielorientierte Beeinflussung von Menschen. Also, wie schaffe ich es zielorientiert Menschen zu beeinflussen, dass wir gemeinsam die gesteckten Ziele erreichen? Und da habe ich meinen Weg relativ bald gefunden und das war tatsächlich so etwas, wie diese Erfolgsblattgeschichte prägend, dass ich gesehen habe: Eine Werteorientierung, die Menschen Respekt gegenüber zu erweisen; den Menschen Wertschätzung entgegenzubringen; ihnen zu vertrauen; ihnen auch etwas zutrauen - das sind alles Dinge, die die Menschen gerne annehmen und sie zahlen umgekehrt dafür mit tollem Engagement, mit Leistung, mit Ideen, sich engagiert einbringen und das hat mich bestärkt, das immer mehr zu tun und immer stärker zu leben und möglichst als Kultur in unser Haus einzuplanen - was NICHT, das sage ich auch ausdrücklich, nicht unbedingt von den 80er Jahren herausgewachsen ist. Das musste wirklich neu hier implementiert werden. #0:18:57.7#

Norman: Das musste entstehen und ihr habt dafür den Boden bereitet im Grunde.

David: Ja.

Norman: Was natürlich ein super spannendes Thema ist und das war so unser Vorgespräch: Wenn wir über die Medienbranche, auch über Zeitungsverlage und dergleichen, reden, dann ist da auch immer eine gewisse Kluft zwischen der digitalen Welt. Aber irgendwie empfinde ich das bei euch zum Beispiel überhaupt nicht. Wir haben ja in den Zeitungen der letzten Jahre lesen können, dass Tageszeitungen schließen mussten, weil die Umsätze nicht mehr da waren, weil die Anzeigenumsätze zurückgegangen sind. Wie begegnet ihr dem Thema Digitalisierung? #0:19:37.8#

David: Auch da gilt, was ich vorhin gesagt habe, es ist immer die Frage: Ist das ein Feind, der auf mich zukommt?

Norman: (lacht) Sehr gut, ja.

David: Oder ist das ein Chance? Klar, in der ersten Wahrnehmung, das ist ein Prozess den wir bei Veränderungen immer wieder haben. Erst gab es diese Phase der leichten Negation. So nach dem Motto: Das geht vorbei. Also gar nicht ernst nehmen, da hat die ganze Branche meiner Meinung nach extremst viel verschlafen. Denn es gab natürlich merkwürdige Bildschirmtextmodelle und, und, und in Urzeit tatsächlich wieder gescheitert sind, weil sie einfach keinen echten Mehrwert den Menschen gebracht haben. Da gab es schon viele, die nach dem Motto “Das ist etwas Vorübergehendes, das geht vorbei” gehandelt haben. #0:20:19.6#

Dann kommt diese Phase wo man merkt “Nee, das geht nicht vorbei - Hilfe! Die nehmen uns etwas weg”, dann empfindet man sowas wie Drohung. Wir haben - Gott sei Dank muss ich sagen - eigentlich früh angefangen darüber nachzudenken und zu sagen: Wenn das Ding nicht weg geht und uns bedroht, dann müssen wir umgekehrt schauen, wo könnte es uns helfen? Natürlich haben wir zuallererst und am schnellsten verstanden, dass alleine in der Produktion unserer traditionellen Medien, die Digitalisierung natürlich der große Schritt nach vorne gewesen ist. Die ganze Produktion einer Zeitung, die vorher in ganz vielen Prozessschritten abgebildet durch viele Berufsbilder zerlegt wurde und ganz, ganz kompliziert wurde, wurde immer einfacher, immer schneller, immer bequemer - einfach durch Digitalisierung. Alleine ein Foto in die Zeitung zu bringen in den 80er Jahren und heute - das hat gar nichts mehr miteinander zu tun. Vom Zeitgewinn - was für uns natürlich auch ein wichtiger Punkt ist - gar nicht zu reden, aber auch vom Aufwand her. Das war der erste Beginn. #0:21:21.2#

Und der zweite war, dass wir nach und nach festgestellt haben: Dieses Medium hat einen ganz, ganz großen Vorteil, weil die Menschen, die damit aufwachsen, die nutzen alles was ihnen hilft. Wenn wir diese Kanäle, die für diese Menschen sehr in ihrem Habitus drin sind, nutzen, um sie zu erreichen, dann werden sie uns auch annehmen. Da haben wir relativ bald eine Chance erkannt, dass wir gerade junge Menschen vielleicht sogar früher abholen als früher im Print. Man muss auch ehrlicherweise sagen: Wenn mich einer fragt, als ich Journalist wurde, wieviel Zeitung ich als 17- oder 18-Jähriger gelesen habe, dann kann ich entweder eine ehrliche Antwort geben oder ich muss schwindeln. Das war verdammt wenig. 0:22:06.4

Wohingegen wir, wenn wir die Digitalisierung gut nutzen, ganz neue Möglichkeiten haben. Das ist ein langer Prozess gewesen, das kam nicht über Nacht, aber das haben wir nach und nach erkannt und deshalb haben wir - das wichtigste ist die Grundeinstellung - gesagt: Wo können wir unsere Flügel und unsere Windmühlen hinbauen, um davon zu profitieren? Das ist meine Lebenserfahrung, es gibt nichts Gutes im Leben, was nicht etwas Schlechtes hat, aber umgekehrt kann das nicht sein. Es gibt auch nichts vermeintlich Schlechtes, was nicht auch etwas Gutes hat. Ich glaube, mit so einer inneren Haltung, kann man natürlich sehr viel bewegen und sehr viel mehr erreichen.

Norman: Ja. Vielleicht noch mal die Frage: Wie habt ihr es tatsächlich gemacht? Habt ihr Labs gegründet oder habt ihr Arbeitsgruppen einen Zeitraum gegeben, in dem Dinge entwickelt wurden? Weil man hört ja doch beispielsweise von der Pro7 - Sat1 Media AG, dass da ein Inkubator entsteht, was da entsprechend pusht. Oder die Süddeutsche Zeitung, da weiß ich zum Beispiel, dass da versucht wurde an Community Plattformen zu schrauben. Also, man hatte ein bisschen das Gefühl, es ist alles ein wenig ohne Strategie, also Insellösungen zu schaffen, um Testballons fliegen zu lassen und zu schauen: Funktioniert das? Wie habt ihr das intern gelöst - was hat sich vielleicht auch in euren Prozessen, neben dem Mindset natürlich, geändert? #0:23:30.0#

David: Wir haben natürlich hier auch wie jeder andere - alles andere wäre eine nette Story - unser Lehrgeld bezahlt und unsere Fehler gemacht und fünf Mal den Weg verändert. Unsere erste Plattform mainpost.de wird in diesem Jahr 20 Jahre alt. Also, wir haben sehr früh begonnen und haben das damals als absolute Insel betrieben, nach dem Motto “Das ist etwas ganz Anderes, das muss man jetzt völlig anders und völlig losgelöst machen” und wir haben gar nicht die Hauptchance darin gesehen auch Nachrichten darüber zu nehmen, sondern eher ein bisschen Infotainment oder so.#0:24:14.3#

Dann hat man es mehr an die Zeitung herangeführt und hat gesagt “Das kann nicht sein, dass wir eigentlich sehr wertvolle Inhalte haben”, damit meine ich vor allem die aus der Region, weil die sind nicht substituierbar, die gibt es nur exklusiv bei uns. Dann ist man da herangegangen und hat sehr stark versucht, diesen Digitalbereich in das Unternehmen reinzuziehen, was sich auch als nicht richtig erwiesen hat, weil binnen kürzester Zeit natürlich selbst die besten Digitalleute eher zu Printlern wurden, weil sie hier schnell entsprechend sozialisiert wurden. #0:24:43.7#

Heute versuchen wir einen Weg zu gehen, der eine Mischung darstellt. Wir haben eine eigene Einheit für den Digitalbereich. Wir haben vor einigen Jahren, da bin ich auch sehr glücklich darüber, uns an einem Startup mehrheitlich beteiligt, sodass ich sagen kann das ist unsere Tochtergesellschaft - das Würzburger Leben. Da werden sehr stark die sozialen Netzwerke genutzt. Dort werden wir einen extrem großen Spielraum haben nach dem Motto, dass wir gerade dafür sorgen, dass wir juristisch und steuerrechtlich und sozialversicherungsrechtlich, die für einen Geschäftsführer wichtig sind, dass wir das alles einhalten. Ansonsten haben die die größte Freiheit. Die können sich ihre PCs holen, wenn sie da auf eine Marke stehen, die bei uns üblicherweise nicht eingesetzt wird, sie haben ihre eigenen Räume und sie haben keine Vernetzung, sondern sie arbeiten nur über WLAN, damit sie fünf Mal am Tag den Platz wechseln können - also sie haben alle Möglichkeiten, um kreativ zu sein. Das parallel als Fokus zu haben, aber immer wieder versuchen dort Links zu schaffen, was schwer ist am Anfang. Denn eines kann ich guten Gewissens sagen: Die Ablehnung dieser neuen Truppe gegenüber war zunächst riesengroß. #0:26:00.5#

Norman: Das wäre meine nächste Frage gewesen, genau.

David: Ich hatte schon Spitznamen… “Der heilige Patron von Würzburger Leben” und und und. Mir war nur eines klar: Wir treffen dort auf Menschen, die Fähigkeiten und Kenntnisse mitbringen, die wir in dem Maße nicht haben. Wir machen anderes sehr gut, aber die machen eben Dinge gut, wo wir nicht diesen Erfahrungsschatz haben. Heute können wir alle darüber lachen. Es gibt eine intensive Zusammenarbeit; eine gegenseitige Beratung, weil auch die Kollegen von Würzburger Leben haben natürlich erkannt: So manches aus dieser tradierten Welt ist auch nicht ganz falsch. #0:26:37.7#

Manches Geschäftsmodell das wir machen, das kann man eigentlich wunderbar aus einer analogen in eine digitale Welt transferieren und erweist sich dort auch als erfolgreich. Heute ist es ein gegenteiliges Befruchten, wobei wir schon klar darauf achten, dass jeder seine Identität und seine eigene DNA behält. Und in dieser Mischung glaube ich, dass das ganz erfolgreich ist. #0:27:01.9#

Norman: Ja, das hatte ich in einem Interview mit Anne Schüller auch besprochen, wo sie gesagt hat: Der Job ist es nicht, alles zu digitalisieren, sondern es ist im Grunde die Aufgabe beide Welten miteinander zu verbinden, sodass diese von einander partizipieren können. Und das fand ich eigentlich ein sehr schönes Bild, aber ich verstehe natürlich auch die Herausforderung, die Du gerade genannt hast, in eine etablierte Prozessstruktur bei euch ein Startup einzubauen. Das sind dann die, die mit Chucks ins Büro kommen und ihren Mac mitbringen. Wie habt ihr es geschafft intern da Akzeptanz zu schaffen? Weil das bedingt ja, dass diese beiden Welten in irgendeiner Form zusammen kommunizieren müssen; dass dort eine Verbindung hergestellt wird. Wie schafft man das? #0:27:55.1#

David: Was man nie unterschätzen darf - da machen es sich Manager manchmal ein bisschen leicht - das erste ist, das klare Bekenntnis. Es muss von ganz oben kommen. Es kann nicht sein, dass ich mich auf die Akquisition beschränke und dann lasse ich den Dingen freien Lauf, so nach dem Motto “Das wird sich jetzt schon in irgendeiner Form regeln”. Ich habe schon klar ausgesendet, indem ich ganz provokant mit den beiden Kollegen, den Gründern, die auch als Geschäftsführer tätig sind, immer wieder mal essen gegangen bin und zwar so, dass ich viele Mainpostler gesehen habe und die gedacht haben “Oh, der war mit denen schon wieder essen”. Um einfach deutlich zu machen, man will das; das ist von oben gewünscht; er versucht schnell Mitstreiter von oben her zu finden. Mit Michael Reinhardt, unserem Chefredakteur, hatte ich einen, der von der ersten Minute an dabei war, weil der erkannt hat, da können auch wir in höchstem Maße davon profitieren. Das ist auch ein Stück weites Vorleben. #0:28:51.4#

Dann haben wir die Kollegen einquartiert in unseren Räumen in der Lokalredaktion. Die sind in der Innenstadt, wir sind als eigentliches Unternehmen am Stadtrand. Aber in dieser relativ kleinen Einheit. Und allein, wenn sich Menschen ob sie wollen oder nicht, jeden Tag im Flur begegnen und im Workcafé einen Espresso trinken oder so, dann entsteht auch so etwas, was wir feststellen: Es sind eigentlich auch Menschen und gar nicht fiese und gar nicht so verkehrte. Und so wächst nach und nach etwas. Und dann, was ganz wichtig ist und unser kleines Erfolgsgeheimnis: Man muss Erfolge immer zelebrieren und verkünden. #0:29:26.9#

Norman: Sehr gut.

David: Ich habe immer wieder dafür gesorgt: Wenn irgendetwas gemeinsam gelungen ist, dass das möglichst jeder im Unternehmen mitkriegt, weil das steckt an. Und so ist eigentlich etwas in der Zwischenzeit gewachsen, sodass ich guten Gewissens sagen kann: Da braucht man niemanden mehr beschützen oder auf jemanden Achtgeben, sondern man achtet sich gegenseitig. #0:29:52.3#

Norman: Ja, sehr gut. Das sind noch mal zwei wichtige Dinge. Einmal was Du gesagt hast, dass die Unternehmenslenker, die Unternehmensführung im Grunde dahinter steht und ganz klar signalisiert, dass ist gewünscht/gewollt, arbeitet zusammen - das finde ich super wichtig. Und auch dieses Erfolge zelebrieren/Erfolge feiern finde ich extrem wichtig, um es sichtbar zu machen, dass es nicht im Startup bleibt oder in der “alten Welt” bleibt, sondern dass man das zusammen feiert. Das finde ich super. Gibt es Strategien, mit denen ihr euch beschäftigt in eurer Markenführung, wo es darum geht, wie man Qualitätscontent in Geschäftsmodelle wandelt? Das ist ja die große Diskussion, die immer wieder stattfindet, dass im Internet erst mal alles verfügbar ist oder man Abomodelle entwickelt. Aber wie kann man sicherstellen, dass wirklich die Qualität, die ihr produziert, die die Nachrichtenagenturen produzieren, dass die am Ende auch monetarisiert werden? Gibt es da Überlegungen bei euch, die ihr anstrebt, über die Du sprechen kannst? #0:30:58.3#

David: Wir versuchen natürlich, wie viele andere Regionalzeitungen, zunächst einmal eines: Ganz klar für uns zu definieren, wo haben wir wirklich im Markt eine echte Chance? Und da ist die erste Vokabel, die in dem Zusammenhang immer fällt “Substituierbarkeit”. Ist eine Information woanders frei verfügbar, möglicherweise in gleicher oder vielleicht sogar noch besserer Qualität? - Dann muss man von vorne herein sagen: Da sollten wir gar nicht sehr viel Liebesmühe darauf verwenden. Ich brauche niemandem erklären, wie die Champions League Auslosung für Bayern München ausgegangen ist. Wenn aktuell ein dramatisches Erdbeben in Mittel-Italien ist, dann ist das nicht die Meldung, die der Leser bei der Mainpost sucht bzw. er würde nie und nimmer dafür bezahlen. #0:31:45.4#

Die strategische Ausrichtung unseres Hauses ist ganz klar: Wir müssen noch viel mehr als wir es in der Vergangenheit getan haben, unsere Kapazitäten - immerhin 140 Redakteure - auf nicht substituierbare Inhalte aus der Region konzentrieren. Dafür müssen wir das Unternehmen dramatisch umbauen. Da sind wir gerade in einem ganz großen Prozess drin, weil natürlich auch vieles was regional stattfindet, sehr wohl substituierbar ist. Jeder Polizeibericht wird veröffentlich und den kriegt jeder Wettbewerber, den kriegt auch eine junge Truppe, wie Würzburger Leben. Die haben jetzt so ein Angebot “Blaulicht”, der sehr viele Zugriffe generiert. Das ist auch kein USB. Und ich habe die Meldung der AOK, wenn hier etwas angeboten wird oder von Vereinen, das ist alles substituierbar. #0:32:36.4#

Das ist für uns bitter, weil vor 20 Jahren war das Regionale und selbst die Dinge, die ich jetzt genannt habe, das war schon explosiver Stoff im Print der Mainpost. Den hat kein anderer in dem Maße bieten können und das müssen wir einfach lernen. Wie im Spitzensport: Wenn ein neuer Spieler bei den Basketballern oder den Zweitligisten Würzburger Kicker verpflichtet wird, das ist auch nichts mehr Exklusives, was in der Mainpost steht. Im Regelfall ist das ganz, ganz schnell über’s Netz verbreitet. #0:33:07.5#

Das ist eine riesen Herausforderung für uns, weil wir noch viel mehr auf Spurensuche gehen müssen; noch viel mehr spannende Geschichten entwickeln müssen; noch viel mehr hinterfragen, was ist hinter dem Ereignis? Warum passiert an der Stelle zum fünften Mal ein Unfall? Warum gibt es da diese Auseinandersetzungen? Warum gibt es da ein Problem? und und und, also noch viel stärker dort einzusteigen. Dann bin ich mir aber sicher, wenn wir das Ausspiel noch besser lernen, also das Auswerten von Daten, noch besser wissen, was die Menschen interessiert, dass wir noch schneller und noch gezielter ihnen ein Angebot machen könnte - das machen all die eCommerce Betreiber wunderbar. Wenn ich meine Bestellung aufgegeben habe, habe ich gleich drei weitere Vorschläge. Und das müssen wir von denen natürlich abschauen und lernen. Dann bin ich überzeugt, dass Menschen auch dafür bezahlen werden. #0:34:00.4#

Da versuche ich auch unseren Leuten Mut zu machen. Ich brauche eigentlich nur von der Zahl der Leser, die wir heute im Print haben. Wenn die morgen alle nur noch digital zu uns kommen, da brauche ich eigentlich nur zwei Artikel, wenn sie uns 99ct. dafür bezahlen. Also eine halbe Tasse Capuccino. Wenn die zwei Mal sagen “Das interessiert mich und dafür zahle ich 99 ct.”, dann fällt die Katze auf die alten Füße und wir betreiben das Business genauso erfolgreich weiter, wie bisher. #0:34:32.9#

Wir müssen unsere Denke verändern. Wir kommen aus einer Flatrate. Wir kommen aus einem generalistischen Angebot, eine Zeitung, die aus vielen, vielen Beiträgen entsteht, wo wir natürlich nicht so naiv sind zu glauben, dass es allzu viele Menschen gibt, die das alles lesen, sondern es wird sehr selektiv wahrgenommen. Das ist beim digitalen neu für uns, das müssen wir lernen, diese Selektion von vorne herein zu betreiben und den Leser gar nicht erst alles anzubieten, sondern möglichst gezielt das anzubieten, von dem wir glauben, dass es ihn interessieren könnte. Das klingt leichter als es natürlich im Alltag ist, weil unsere Redakteure haben tausende von Jahren anderer Erfahrungen, wenn ich das zusammen zähle über alle Mitarbeiter und das ist ein Lernprozess. Da tun sich die Jungen sehr viel leichter, aber es hat eigentlich jeder erkannt, dass da eine riesen Chance drin liegt. Und deshalb habe ich den Eindruck, dass in diesem anstrengenden Prozess die Leute durchaus sehr, sehr engagiert mitziehen. #0:35:33.3#

Norman: Gibt es einen Beirat oder so eine Gruppe bestehend aus den alten Hasen, den Redakteuren, die das Business natürlich von der Pike auf gelernt haben, bis hin zu den Neuen? Ich glaube, so ein paar Verbindungen mit Würzburger Leben hast Du schon genannt. Einfach auch, um von denen zu lernen? Habt ihr so einen extra Beirat oder irgendwie so einen Expertenkreis gegründet, um da diese Learnings zu machen? #0:36:00.8#

David: Ja, wir haben im Prinzip im Bereich der digitalen Medien eine eigene Firma MBDM - Mainpost Digitale Medien - die ein Stück weit diese Aufgabe natürlich übernehmen, die Koordination zu machen und im Rahmen eines Prozesses - das heißt im Moment Aladdin, das war die Idee unseres Chefredakteurs; ich nehme an, er hat auf den guten Geist aus der Flasche Bezug nimmt und deshalb den Projektnamen vorgeschlagen oder gewählt hat. Dort werden wir sehr gezielt in vielen Einzelprojekten - für mich ist so ein Lebensmotto immer “Big dreams in small steps”, dass wir hier die große Vorstellung, die wir in etwa haben, diese Visionen, in viele, viele einzelne Schritte zerschlagen und daraus einzelne Projekte machen. Da sind wir gerade dabei, die einzeln aufzusetzen. #0:36:50.4#

Ich habe das immer wieder, nur wir machen das jetzt im Rahmen von Aladdin noch mal sehr viel konzertierter und sehr viel konzentrierter, dass wir uns hier die einzelnen Dinge vornehmen, um zu sagen “In kleinen Schritten dem Ziel immer mehr entgegenkommen”. #0:37:03.8#

Norman: Das ist ja fast eine amerikanische Strategie, wenn man sich das Buch durchliest “Silicon Valley”, da wird genau das beschrieben. Dass im Grunde unsere deutsche Ingenieurdenke uns dazu verleitet, erst mal in jahrelangen aufwendigen konzeptionellen Prozessen große Projekte zu entwickeln, um dann schnell festzustellen, dass es nicht funktionieren, anstatt in kleinen Schritten wirklich diese Lernprozesse selbst zu machen; die Fehler selbst zu machen, um dann auch zu verstehen, was die Community sich wünscht und die zu involvieren. #0:37:32.9#

David: Ganz genau. Da habe ich einen kleinen Vorteil durch einen Geburtsfehler. Als Österreicher habe ich nie so diese Ausdauer gehabt, das Schwimmen immer nur theoretisch am Tisch zu lernen, sondern mir war da immer lieber, ins Wasser zu springen. Beim Skifahren ist tatsächlich so in Österreich. Ich kann mich gut erinnern: Wenn Du in die Schule gehst, ich bin mit fünfeinhalb Jahren in die Volksschule gekommen, da fragt mich mein Lehrer nicht “Kannst Du Skifahren?”, sondern da heißt es “Und übrigens, jeden Mittwoch im Winter, wenn Schnee liegt, gehen wir statt Sport machen, fahren wir Ski” und dann bist Du in den Sessel geschmissen worden oder musstest schauen, wie Du hoch kommst und … nur so kann man aber etwas lernen. Insofern kommt mir das persönlich sehr entgegen, weil ich immer der Meinung bin, die Pioniere haben die Landkarte auch gemalt, während sie gen Westen gezogen sind. #0:38:21.2#

Norman: Ja, absolut. Was ich auch eine sehr spannende Frage finde ist: Wie triffst Du Entscheidungen und was hilft Dir dabei? Ob das jetzt eine Projektentscheidung ist, das finde ich eigentlich völlig egal, aber nennen wir mal eine mittelkomplexe Entscheidung, die jetzt vielleicht nicht sofort aus dem Bauch heraus entstehen kann. Gibt es da einen Prozess, den Du durchläufst oder hast Du eine Entscheidungsroutine vielleicht, so einen Ablauf, den Du immer wieder zelebrierst, um dann schnell auf den Punkt zu kommen? #0:38:53.5#

David: Vor jeder Entscheidung stehen bei mir immer viele Fragen. Das können Fragen an Mitarbeiter sein; das können Fragen an Geschäftspartner oder Kunden sein. Einfach möglichst viel sich selbst schlau zu machen. Ich habe mir eines abgewöhnt: Ich bin ein sehr impulsiver und emotionaler Mensch. Ich neige innerlich immer schnell dazu, wenn irgendetwas ansteht, selbst eine Entscheidung zu haben und die möglichst auch schnell zu treffen. Da nehme ich mich ganz bewusst zurück und versuche mich selber neutral zu stellen und zu sagen “Mach Dich noch schlauer”. Das tatsächlich in Gesprächen und da ist immer ganz, ganz wichtig ein sehr intensives Zuhören. Zuhören heißt bei mir auch, immer die innere Bereitschaft zu haben, seine Meinung auch zu ändern. Und am Ende eines Prozesses vielleicht genau das Gegenteil zu sagen von dem, wie man in ein Thema gestartet ist. #0:39:46.4#

Und im Laufe der Jahre hat das bei mir dazu geführt, dass sich daraus ein Bild entwickelt, das immer klarer wird, wo die Konturen deutlicher werden und was ein inneres Wohlgefallen auslöst. Und dann fällt mir die Entscheidung im Regelfall leicht und das ist dann 50% Kopf und 50% Bauch, wobei Bauch eher meint, die Erfahrung die man hat. Das ist eines der wenigen Privilegien, wenn man alt wird, dass man zumindest Erfahrungen sammeln durfte und immer wieder weiß, das hat gut funktioniert und da weniger, und da ist ein Learning und da bist Du auf die Nase gefallen. Das ist eher etwas, was in mir reift, wo ich mich eher zurücknehme, aber feststelle: Es gibt da einen Moment, wo man ein richtiges Bild vor sich hat. Das gilt für Geschäftsmodelle, das gilt für Entscheidungen generell. Ein Chef von mir hat mir mal gesagt, ein Österreicher, der schön auf österreichisch gesagt hat “A guates Geschäftsmodell, passt auf a Bierdeckel”. #0:40:54.8#

Gerade in der digitalen Welt ist sehr, sehr viel sehr, sehr komplex. In Richtung Kunden, in Richtung Kommunikation muss ich es schaffen, sehr einfach darzustellen, sonst ist es weder dem Kunden vermittelbar, noch nach innen kann ich den Menschen begeistern, warum sollte man das tun. Das erfordert im Regelfall tatsächlich ein bisschen Zurücknehmen, viel zuzuhören und aus diesem Filtrat dann das Beste herauszuziehen. Dann geht es schnell. Meistens ist es oft so, dass die Leute dann sagen “Jetzt ist es schon entschieden?” Dann sage ich “Ja, aber eigentlich haben wir relativ lange darauf hingearbeitet”. Jetzt brauchen wir nicht noch 24 Berechnungen. Dadurch wird es nicht besser. Irgendwann muss man es einfach polieren und … #0:41:35.9#

Norman: … Ja, machen…

David: …machen. Das ist für mich schon so ein Management-Kreislauf. Man muss entscheiden, man muss tun, man muss feiern, man muss korrigieren, man muss entscheiden, man muss tun, man muss feiern. Ganz wichtig natürlich das Feiern, das gehört auch dazu. #0:41:52.1#

Norman: Ja absolut. Eine ganz interessante Frage, die ich noch habe ist: Das begegnet mir eigentlich immer in allen Strategieprozessessen, nämlich die Herausforderung. Du hast als Unternehmen eine gewisse Unternehmensleistung. Das sind Produkte, das sind Dienstleistungen, all das was Du im Markt anbieten möchtest und hast natürlich das Thema, dass je komplexer das Unternehmen ist, desto schwieriger ist es natürlich. Du hast eine Marketingabteilung, Du hast eine Vertriebsabteilung, Du hast vielleicht eine Company für digitale Medien usw.

Wie schafft ihr es, dass alle ein einheitliches Verständnis über die Unternehmensleistung haben, damit diese auch nahezu - 100% ist nicht möglich-, aber nahezu 100% in den Markt kommuniziert werden kann? Also, dass das Marketingkonzept von euch am Ende auch am Markt landet; dass der Vertrieb genau das denkt und ausspricht, was eure Unternehmensleistung ist. Wie stellt ihr das in der Unternehmensführung sicher, dass das am Markt ankommt? #0:42:59.5#

David: Da hat ein reiner Zufall oder eine Entscheidung unserer ehemaligen Gesellschafter, bevor wir zu Augsburg kamen, waren wir bei Holzbrink in Stuttgart - als man die Entscheidung getroffen hat von einer Doppelgeschäftsführung auf einen Geschäftsführer umzustellen, war für mich die Situation so, dass ich mich natürlich völlig neu aufstellen musste. Ich habe dann eines eingeführt, wovon ich jetzt nach acht Jahren sagen kann, dass sich das perfekt bewährt hat. Ich habe alle wesentlichen Bereiche vom Personal über Finanzen über Marketing über Redaktion, Vertrieb, über Technik, alle an einen Tisch geholt. Wir sind im Gremium insgesamt acht Kollegen, die an mich berichten. Wir sitzen zu neunt zusammen und wir sitzen jeden Freitag zusammen. Es ist die wichtigste Sitzung der Woche und gehen dort alle Themen durch. Das führt dazu, dass wir einen sehr, sehr guten Informationsstand haben, was in den einzelnen Bereichen passiert. Wir haben den ganz großen Vorteil, dass ganz viele Ideen in dieser Runde reifen, weil es durchaus dann noch einen gibt, an den man gar nicht gedacht hat, der sagt: “Oh, das passt aber perfekt bei mir noch mit rein”. #0:44:12.5#

Norman: Perfekt, super.

David: Das ist extremst wertvoll, auch wenn mancher Kollege auch mal eine Stunde hier sitzt und guten Gewissens für sich wahrscheinlich sagen könnte “Naja, da ist jetzt gar nichts für mich dabei”, aber er erkennt das Thema, wenn er im Hause angesprochen wird. Dann kann er dazu eine Aussage treffen und dadurch spreche nicht mehr nur ich alleine mit einer Stimme, sondern wir sind im Regelfall idealerweise - natürlich gibt es immer leichte Abweichungen -, aber idealerweise und es funktioniert wirklich sehr gut, haben wir schon mal neun Stimmen. Und wenn neun Führungskräfte nur mal jeweils ihre zwei Stellvertreter dann darüber noch mal in Kenntnis setzen, dann sehen wir schon, dass wir ein gutes Schneeballsystem auf den Weg bringen. #0:44:57.1#

Dazu gibt es weitere Runden. Jedes Quartal kommt beispielsweise das komplette Management zusammen, um dort noch mal ein Update über die wichtigsten Bereiche zu liefern, aber da sehe ich schon, dass die Leute eigentlich gut informiert sind und das es nur hier nur noch um ein paar letzte Informationen geht. Weil, da hast Du völlig recht: Das ist mit das Entscheidenste, dass wir unsere Stärke komplett ausspielen. Wir haben auf die Art und Weise beispielsweise vor gar nicht allzu langer Zeit beschlossen, was ein neues Geschäftsfeld sein könnte aus all den Fähigkeiten, die am Tisch sitzen. #0:45:30.5#

Und dann sind wir so auf Corporate Publishing gekommen. Dass wir einfach sagen, wir haben alles und wir wollen es anders angehen, als manche andere, die dann natürlich im ganz, ganz großen Stil sich das Bahnheft machen oder Lufthansa-Magazin. Wir sagen nein. Wir wollen das regional anbieten und wir wollen jede Einzelfähigkeit. Wir bieten heute bei Corporate Publishing an, dass wir ein Lektorat machen für etwas; dass wir nur Fotos machen; dass wir nur Gestaltung machen; dass wir irgendwelche Teile der Dienstleistung übernehmen und aus diesem Zusammenspiel der einzelnen Kompetenzen heraus - und ich muss sagen, das ist ein absoluter Hit - wir haben da in kürzester Zeit einen siebenstelligen Umsatz aufgebaut, tolle Produkte, hoch attraktive, junge Menschen. Wir merken, dass wir uns hier wirklich leicht tun Hochkaräter zu holen, weil die einfach kapieren “Wow, das ist absolut multimedial”. Da wird ein Webmagazin nachgefragt für die Universität Würzburg, also Uniklink Würzburg. Die machen den kompletten Web-Auftritt. Dann mache ich hochwertigste Magazine; dort mache ich Lektorat für Kliniken und, und, und. Wir haben alle Fähigkeiten im Haus. Wir waren uns aber gar nicht so bewusst, dass man die einzeln natürlich auch noch einmal ganz anders unseren Kunden zur Verfügung stellen können. Sowas entsteht in einer Gruppe, wenn man Woche für Woche zusammensitzt und jedes mal sieht “Wow, wir können das und wir können das und wir können das”. #0:46:55.1#

Norman: Ja, perfekt. Also die Synerigen einfach zu nutzen über die Fachabteilungen hinweg - genial.

David: Und natürlich, wie immer: Zelebrieren. Jeder im Haus weiß, das funktioniert, das ist super, die bauen auf. Das begann mit einem einzigen. Das war ein “Assistent”, einer der in der Unternehmensentwicklung direkt mir zugearbeitet hat. Den habe ich das Thema mal vorbereiten lassen und habe ihm gesagt “So, jetzt spring ins Wasser und schwimm’ mal”. Heute haben wir eine ganz ordentliche Truppe schon längst aufgebaut, die das managed und die jetzt weiter wachsen wird. Da bin ich felsenfest davon überzeugt. #0:47:31.1#

Norman: Ja, sehr gut. Wie wird sich aus Deiner Sicht die Medienbranche, gerade im Hinblick auf das digitale Zeitalter entwickeln? Kannst Du da mal Deine Glaskugel anschmeißen und mal reinschauen für uns?

David: Ich bin da optimistisch, weil wir werden nach wie vor Zeit haben, den Umbau weiter hinzukriegen. Ich glaube, dieser erste Wind, der dort herübergegangen ist und die, die schwache Mauern gebaut haben und an Windflügel gar nicht gedacht haben, ich sage es mal bösartig: Die sind weg. #0:48:06.8#

Es ist ja tatsächlich so, dass es Einstellungen von Zeitungen gibt und es Insolvenzen von Zeitungen gibt. Es wird noch zu Konzentrationen kommen. Das wird nicht jedem richtig gut gefallen, aber das wird unausweichlich bleiben. Wir werden diese Vielfalt, wie wir sie heute haben an Eigentümern und eigenständigen Häusern, die in Deutschland fast weltweit einzigartig ist, die wird es nicht geben. Man wird sich zu größeren Verbünden zusammenschließen müssen, also kritische Massen zu haben. Da bin ich mir auch ganz sicher. Und wir werden auch große Investitionssummen brauchen. Springer zeigt ja - die machen das schon sehr, sehr klug - die nehmen richtig Geld in die Hand, aber das kann ich eben, wenn ich einen Laden in dieser Dimension bin. Das kann der Kleinstverlag oder kleine mittelständische Verlag irgendwo in der Provinz mit einer Auflage von 30.000 oder 40.000 ganz sicher nicht. Insofern, da muss es Zusammenschlüsse geben. #0:49:01.3#

Ich bin aber eigentlich sehr optimistisch, dass die Branche auch in einer digitalen Welt sich gut behaupten wird. Sie wird Best Practice nachmachen; wir rücken enger zusammen; es gibt viel mehr Zusammengehörigkeitsgefühl, mehr Solidarität, weniger Eitelkeit. Es gibt durchaus ein paar Merkmale, die ich sehr, sehr positiv empfinde. Ich will meinen, die Branche ganz gut beurteilen zu können über die Jahre. Da tut sich gerade Vieles wo ich sage, man hat es verstanden und es geht jetzt los. Es wird seine Zeit in Anspruch nehmen. Das ist keine Frage und es wird unterwegs mit Sicherheit noch den ein oder anderen Kollateralschaden geben und einiges wird sich nicht realisieren lassen und es werden Dinge noch verschwinden, aber im Wesentlichen glaube ich, wird die Branche gut aufgestellt und gestärkt, sehr stark weiterhin multimedial - ich glaube auch an die gedruckte Zeitung in 20 Jahren. Sie wird völlig anders ausschauen als heute, eine völlig andere Rolle haben, aber es wird sie geben. Da bin ich mir sicher und gleichzeitig wird es die digitalen Angebote aus den Häusern geben mit guter Qualität und hoher Akzeptanz. #0:50:15.4#

Norman: Ja, das glaube ich auch. David, gibt es so ein Passion Project bei Dir, was Du mit Leidenschaft und dem Herz in der Hand gerne vorantreibst aktuell oder treiben würdest?

David: Ein Thema das uns am Herzen liegt, fast muss ich sagen liegen muss, das ist: Wie können wir den lokalen Einzelhandel auf dem Wege in die digitale Zeit begleiten? Denn wir haben in den letzten Jahren im Anzeigenmarkt eines festgestellt: Der nationale Anzeigenmarkt ist extremst geschrumpft. Ich will nicht die harte Vokabel “zusammenbrechen” sagen, aber sie wäre auch nicht falsch. #0:50:52.0#

Die Rubrik Märkte sind extrem zusammengeschmolzen, da haben uns Brachenfremde eigentlich die Butter vom Brot genommen und wir müssen schwer kämpfen als Zeitungsverlage, dass wir unseren Stellenmarkt, Automarkt und Immobilienmarkt in der digitalen Welt wenigstens noch ein bisschen was für uns behalten. Aber das sind eher die Brotsamen und das Große ist woanders gelandet und musste wenn, dann wieder von Verlagen zugekauft werden von Branchenfremden. #0:51:17.7#

Was stabil ist über all die Jahre, zumindest für uns und das werden die meisten Kollegen bestätigen, ist der Umsatz mit dem lokalen Einzelhandel. Die sind natürlich nicht in dem Maße sofort in die digitale Welt gesprungen. Für die ist das manchmal auch eher eigene Bedrohung und ich glaube mit denen zusammen müssen wir etwas entwickeln. Wir haben vor zwei Jahren ein Projekt aufgesetzt, weil auch hier muss ich den Faktor Zeit mit berücksichtigen, um die Menschen zu sensibilisieren - das hieß “Lass den Klick in Deiner Stadt” - haben wir Menschen signalisiert, auch den Kunden, den Lesern: Wie wollt ihr haben, dass eure Innenstädte in zehn Jahren ausschauen? Capuccino-Bars und vielleicht noch ein paar Bäckerfilialen und sonst gar nix mehr, oder wollt ihr weiterhin einen bunten Branchenmix haben und ein Einkaufserlebnis haben? Da muss man sich darüber klar sein, welche Entscheidung ich treffe. #0:52:13.6#

Der nächste Schritt war, dass wir seit diesem Jahr den Lieblingsladen haben. Dort können alle mitmachen und quasi in einem digitalen Schaufenster, das wir bewerben, Produkte anbieten. Das ist noch nur mit einer Reservierungsfunktion, und das wollen wir weiter machen. Wir verhandeln gerade - das darf ich verraten - mit einem Partner, der uns helfen könnte hier den nächsten Schritt zu machen, dass man auch digital deutlich mehr und sehr viel einfacher Produkte einstellen könnte. Wir haben die letzte Meile. Wir haben einen Kurierdienst. Also, wir könnten die Bequemlichkeit des eCommerce mit der Vertrauenswürdigkeit, mit der Nähe, mit der guten Beratungsleistung des Einzelhandels verbinden. Und das ist eine Vision für mich, dass ich sage: “Ja”. Gerade ein Minimum für all jene, die hier bei uns in Würzburg oder im fränkischen Raum produktiv tätig sind. Wir haben die Winzer, wir haben die Schnapsbrenner, wir haben Menschen, die hervorragende Produkte herstellen. Meistens haben die ein kleines Problem in der Vermarktung und im Verkauf. Sie sind leidenschaftlich in der Herstellung ihrer Produkte, aber nicht unbedingt die großen Marketingexperten. #0:53:28.1#

Das wäre ein Minimum, die Leute, denen wir helfen können müssten, beginnend mit einem Kassensystem und endend bei entsprechender Bewerbung, aber auch natürlich viele Einzelhändler hier, dass wir versuchen müssten, mit denen gemeinsam was zu kriegen, weil - warum muss ich bei Amazon bestellen, wenn ich das gleiche Produkt bei einem Unternehmen… wenn ich den gleichen Komfort habe? Ich will die 24 Stunden zur Auswahl haben. Ich will vielleicht am Samstagabend, weil ich da mehr Zeit habe, mir das Produkt aussuchen und auch bestellen und ich möchte es auch möglichst am Montag in der Früh schon geliefert bekommen haben. Aber das ist kein Schoßtopper, das können wir den Menschen garantieren und dann obendrein immer noch zu sagen: Und dennoch weißt Du genau, wo Du es gekauft hast und wenn es Ärger gibt, wenn es eine Reklamation gibt, da kannst Du im Zweifel selbst noch einmal ins Geschäft gehen und sagen “Moment mal, da ist was passiert, das will ich so nicht haben”, was bei Amazon auch funktioniert, das will ich gar nicht in Abrede stellen, aber wo ich doch meine, dass es aufwendiger und langwieriger ist und werden kann und dann doch nicht mehr ganz so bequem ist, wie wenn ich genau weiß, wo ich mein Produkt gekauft habe. Das wäre so ein Aspekt. Das sind unsere langjährigen Partner, denen verdanken wir viel, die verdanken uns viel und ich fände es gut, wenn wir diese Partnerschaft noch viele, viele Jahre aufrechterhalten können. #0:54:48.6#

Norman: Ja, das ist auch so ein Herzensprojekt, was ich so mit mir herumtrage, schon seit Jahren. Ich habe dazu auch mit Michael Hoppe einen Podcast gemacht zum Thema Kommune digital. Es gibt unter anderem in Oberbayern ein paar Kommunen, die da wirklich schon aktiv sind; die erste Konzepte launchen usw. Und ich denke auch, wir sagen ja, wenn wir über Marken sprechen, dass wir immer über Vertrauen sprechen, die so eine Marke geschaffen hat. Eine ganz spannende Marke ist natürlich auch die Stadt - nehmen wir Würzburg als Marke - der ich vertraue und was so mein Love Brand ist. Ich glaube, mit der Kompetenz, wie bei euch, eines Medienhauses ist es wirklich eine gute Sache den Einzelhändlern vor Ort, die aus eigener Kraft das nicht leisten können. Die können nicht sagen: “Ich baue mir jetzt eine Web-Plattform oder eine eCommerce Lösung” oder dergleichen, dass wir Digitalexperten da einfach mithelfen, etwas für die Region zu tun. Wenn ich mir hier im Odenwald den Ort Amorbach anschaue, dann ist in der Innenstadt einfach nichts mehr los. Da gibt es zwei Läden, das war’s. #0:56:01.3#

David, wir - wenn ich auf die Uhr schaue - sind eigentlich schon am Ende, aber ich möchte mit Dir noch ganz schnell die Quick Q&A Session machen. Da stelle ich Dir ein paar Fragen und Du antwortest ganz spontan und wir springen gleich zur nächsten. Also in kurzer Zeit den höchsten Wert. Bist Du bereit? #0:56:18.8#

David: Alles klar.

Norman: Was hat dich anfangs davon abgehalten, Online Unternehmer zu werden?

David: Eigentlich gar nix. Ich sage ausdrücklich, ich habe relativ schnell kapiert, dass das für mich ganz persönlich - das habe ich erst spät erkannt - durchaus Vorteil hat, deshalb nee, das sage ich ganz ehrlich, da hat mich eigentlich wirklich nichts abgehalten. #0:56:41.5#

Norman: Welcher Moment oder Rat hatte einen besonders nachhaltigen Einfluss in Deinem heutigen Leben oder in Deinem Business? Gibt es da einen?

David: Das ist vielleicht ein nicht sehr schöner, aber ich gebe ganz ehrlich zu, er ist der prägendste gewesen. Mein Bruder hat im Jahr 2006 - eine Woche nachdem er unsere Mutter beerdigt hatte - einen Herzinfarkt gehabt. Er war drei Jahre im Wachkoma, bevor er sterben durfte und erlöst werden durfte. Das hatte für mich aber ein gutes: Es ist ein Benchmark, das mir in jeder Situation in meinem Beruf sagt: Das ist alles eigentlich nicht wirklich ein Problem, was wir hier haben. Das sind Dinge, die man einfach lösen muss und es gibt einem Gelassenheit und es zeigt einem auch, dass wir ein Talent haben, uns über Dinge aufzuregen und nervös zu werden, wo ich eigentlich sage: Das ist jetzt wirklich nicht das Große. #0:57:32.4#

Norman: Wow. Danke für den persönlichen Einblick! Das bewegt. Kannst du uns eine Internetressource oder ein Tool nennen, was du selbst einsetzt und nutzt?

David: Ja, ich mache keinen Hehl daraus, dass ich natürlich zum Beispiel ein Programm oder eine App habe zur Weinerkennung. Ich trinke zwischendrin auch mal einen guten Tropfen und da mache ich heimlich mein Foto und das Schöne ist, die App verrät mir Näheres über den Wein und sogar noch, wo ich die Möglichkeit habe, den zu kaufen. #0:58:04.0#

Norman: Wie heißt die App?

David: Vivino.

Norman: Vivino?

David: Vivino.

Norman: Okay, die verlinken wir in den Shownotes dieses Podcasts. Das wäre nämlich meine nächste Frage gewesen: Deine drei wichtigsten Mobile Apps auf Deinem Homescreen, wenn Du Dir Dein Handy anschaust?

David: Naja, also jetzt logischerweise Mainpost News…

Norman: Ja klar (lacht).

David: Was hast Du als Antwort erwartet? Dann kommen noch die, die definitiv stimmen. Das ist die Kickers App und die Basketball App, weil ich einfach die beiden Sportarten sehr gerne verfolge. Und dann gibt es noch eine, das darf ich gar nicht laut sagen: FitBit. Da mache ich auch noch Werbung für jemanden. Dort wird alles gesammelt, was meine von den Kollegen geschenkte Fitness Uhr, die ich am Armgelenk trage, hier zusammenfasst, was ich an Sport treibe oder leider nicht getrieben habe. #0:58:57.9#

Norman: Was für Musik hörst Du gerne in Deiner Freizeit, um zu entspannen oder um einfach wieder herunterzufahren? Gibt es da irgendwas?

David: Ja, ich bin natürlich mit der Musik der 60er und 70er Jahre groß geworden und ich sage mal, bis in den 80er Jahren war Musik für mich Lebenselixir. Da konnte ich auch jede Besetzung, jede Formation in jeder Band sagen mit den Jahreszahlen und die Discographie kannte ich fast auswendig. Ich mache aber gar keinen Hehl daraus. Es gibt viel Zeitgenössisches, wo ich keine Ahnung habe - also man kennt Adele oder so - aber vieles was ich im Radio höre, was ich gar nicht kenne, nicht zuordnen kann, wo ich aber sage “Ja, doch, gefällt mir ganz gut.” Musik muss für mich immer eines haben: Es darf kein stampfender Rhythmus sein, der einfach stundenlang monoton an ein Hämmern erinnert und es muss in irgendeiner Form melodiös sein. Aber es kann ruhig krachen, also es darf schon auch gerne ein bisschen laut sein. Sowas wie Guns’n’Roses oder so finde ich schon auch ganz witzig. #0:59:56.7#

Norman: Guns’n’Roses verlinken wir in den Shownotes, das passt gut (lacht). Kannst Du uns ein Buch empfehlen, was für Dich einen großen Mehrwert hatte? Wie heißt das Buch und worum ging es da?

David: Naja, Bücher… Also welche Bücher mir sehr, sehr viel, gerade für mein berufliches Leben gebracht haben, da kann ich gar kein einzelnes nennen, weil er so unendlich viele geschrieben hat. Das sind Bücher von Anselm Grün. Die haben mir wirklich definitiv geholfen und mich ein Stück weit geprägt. Es gibt ein Buch - wobei auch da werde ich noch mal ein bisschen nachdenklich - aber es hat mich sehr tief berührt. Wahrscheinlich weil ich es gelesen habe, als mein Vater gestorben ist. Das ist von Tiziano Terzani, so heißt er glaube ich. Ich bin mir nicht 1000%-ig sicher. Das heißt “Das Ende ist mein Anfang. Da geht es um einen Spiegel-Redakteur, der seinem Sohn von seinem Leben berichtet, nachdem er an Krebs erkrankt ist. Das hat mich sehr, sehr bewegt, diese Kommunikation zwischen dem sterbenden Vater und seinem Sohn. #1:00:58.8#

Norman: Sehr gut, das verlinken wir auch in den Shownotes. David, wir sind am Ende. Zum Schluss vielleicht noch ganz kurz Dein letzter Tipp für unsere Zuhörer im Hinblick auf das Thema Digitalisierung und Marke und wie wir Dich am besten erreichen können.

David: Bei der Digitalisierung habe ich ein einziges Anliegen in dem Zusammenhang: Sie bringt so viel Positives; sie bringt so viel Bequemlichkeit und Vorzüge und ist vielleicht sogar für mehr Demokratie auf der Welt zuständig. Da hätte ich nur einen einzigen Wunsch: Dass wir alte Werte wie Respekt, Toleranz, Höflichkeit, Wertschätzung auch noch ein wenig mehr im Auge behalten, gerade wenn wir in Sozialen Netzwerken kommunizieren. Da finde ich einfach eine Verrohung, die mir ein Stück weit weh tut und von der ich glaube, dass sie den Menschen auch nicht gut tut. Da passiert etwas, was ich nicht gut finde und eigentlich ist es schade, weil Digitalisierung eigentlich verdammt viel Positives stiften könnte. Wenn wir damit ein bisschen sensibler umgehen, dann wäre es optimal. #1:02:09.9#

Erreichen kann man mich ganz einfach bei der Main Post und E-Mail, da muss man einfach meinen Namen mit einem Punkt eingeben David.Brandstaetter@mainpost.de. #1:02:22.0#

Norman: Okay. David, es hat mir großen Spaß gemacht. Ich könnte jetzt glaube ich noch eine Stunde mit Dir sprechen, aber dann müssen wir hier eine Pause machen. Es hat mich sehr gefreut. Vielen Dank noch mal für Deine Zeit und ich freue mich, wenn wir uns bald mal wiedersehen.

David: Alles klar, gilt genauso für mich. Das hat mir ebenfalls Spaß gemacht. Dir alles Gute und eurem ganzen Team!

Norman: Danke, danke. Bis dann, ciao!

David: Mach’s gut, ciao!

 

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