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Wirtschaftliches Handeln, also „truck, barter and exchange“ (Adam Smith) vollzieht sich im Rahmen dreier fließend ineinander übergehender Kategorien:

  1. Die marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung als abstraktestes System menschlicher Austauschsysteme.
  2. Redistribution (Pooling): Zweckbezogene Güterbewegungen zu einer zentralen Institution, die die Güter weiter- bzw. zurückverteilt. Sozialistische Systeme sind typischerweise redistributiv organisiert.
  3. Reziprozität (Gegenseitigkeit): Symmetrische, gleichwertige Güterbewegungen.

 

Innerhalb der westlich-demokratischen Wirtschafts- und Sozialordnungen findet wirtschaftliche Tätigkeit weitgehend unter den rechtlichen und kulturellen, letztendlich der schlichten Vernunft und jahrhundertelanger Erfahrung geschuldeten Bedingungen statt, die man gemeinhin als freie Marktwirtschaft bezeichnet.

 

Dennoch werden viele der bei uns vollzogenen wirtschaftlichen Handlungen auf den Grundlagen redistributiver und reziproker Muster vollzogen. Als Beispiele seien hier die Gesundheits- und Sozialsysteme der westlichen Wohlfahrtsbürokratien, vornehmlich der erst vor wenigen Jahren in Deutschland eingerichtete Gesundheitsfonds genannt.

Das Symbol ist stärker als der Verstand

Darüber hinaus gibt es aber auch eine große Anzahl ritualisierter reziproker Handlungen. Hier ragt das für den sozialen Zusammenhalt so wichtige Weihnachtsfest hervor – ein Fest, ja eine Orgie der Reziprozität, ohne die die von abstrakten, „menschenfernen“ Handlungsmustern geprägten westlichen Gesellschaften vermutlich implodieren würden.

 

Verschenkt werden bevorzugt wertvolle Markenprodukte, wobei der Schenkende klammheimlich (und doch offensichtlich) vom Beschenkten zumindest Vergleichbares erwartet.
Indes ist die Tatsache, dass so viele bereit sind, sich anlässlich des Weihnachtsfests selbstopfernd in teils Irrwitzige Kosten zu stürzen, ein eindeutiger Hinweis auf die temporäre Ausschaltung der ökonomischen Ratio, die per definitionem auf dem Egoismus der Menschen beruht. Hier wird nun offenbar, dass Egoismus ganz und gar nicht nur auf der rein monetären Ebene wirkt. Sobald es zu menscheln beginnt, setzt der Verstand aus, und Adam Smiths vielgepriesener Homo Oeconomicus mutiert, nolens volens, zum Weihnachtsmann.

 

Seine Liebste gewinnt man schließlich auch, je nachdem, mit welcher gesellschaftlichen Sphäre man identifiziert werden will, am ehesten mit einem teuren Ring oder einer Luis-Vuitton-Tasche, mit einem wertvollen Duftöl von Weleda; oder mit etwas Selbstgehäkelten.
Und deshalb ist es von kardinaler Wichtigkeit für ein Markenkonstrukt, ganz besonders auf psychisch- emotionale Kategorien zu achten. Die emotionalisierende Funktion des Symbols kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Hier greifen die in früheren Beiträgen thematisierten Bottom-up- und top-down-Mechanismen, die für die Richtung der Emotion ursächlich sind.

Status und Prestige

Immer dort, wo emotionale Motive eine Rolle spielen, wo sozusagen die menschliche Ratio aussetzt, sind reziproke Muster vorzufinden, die auf den Erhalt, den Ausbau oder den Erwerb von Status und Prestige abzielen. Der Schenkende lädt sich sozusagen selbst mit der Bedeutung der Marke auf, die deren Good Will, dem monetären und ideellen Wert entspringt. Die Begründung solchen Wertes ist angesichts der Agilität viraler Formate im Internet eine besondere Herausforderung auch für die digitale Markenführung.
Aber auch im Geschäftsverkehr spielen reziproke Muster eine große Rolle. Wer will sich schon mit einem popeligen Kugelschreiber aus dem Discounter blamieren, wenn es darum geht, einem potentiellen Geschäftspartner Großzügigkeit, Zuverlässigkeit und einen freundlichen Charakter zu signalisieren? Macht sich da nicht ein mit Bedeutung aufgeladenes Schreibgerät der Mont Blanc- Klasse gleich tausendmal besser, auch wenn es „nur“ 500 Mal so kostspielig ist? Gerade bei Werbegeschenken spielt das Drum und Dran eine immens große Rolle. Dort greifen Mechanismen, die tief im menschlichen Genom verankert sind.

Ein großartiges Beispiel hierfür ist der sog. „Kula“-Ring der Trobriander (die Trobriand-Inseln sind ein Insel-Archipel in Melanesien)

 

Der Kula-Ring der Trobriander: Ruhm und Macht, Status und Prestige. Das Prinzip des Geschenks.
Der Kula-Ring bildet einen ethnographischen Prototyp für Theorien über Reziprozität. Die ökonomische und soziale Bedeutung von Geschenk und Gegengeschenk ist ein globales, panhumanes Phänomen und als solches in unserem Erbgut verankert.

In der Gesellschaft der Trobriander werden Status und Prestige dadurch erworben, dass man sich “auf der Straße des Kula” einen Namen macht. Die Überlieferungen der Trobriander sind voll mit Mythen großer Kula-Helden. Sie kamen in den auf Besuch und Gegenbesuch basierenden Netzwerken zu Ruhm und Ehre, indem sie für Menschen dieses Teils der Welt bedeutsame Güter erlangten und großzügig weitergaben.
Der Rang eines am Kula-Ring Beteiligten ist abhängig vom „Flow“, also der Quantität des Umschlags sich zeitweilig in seinem Besitz befindlicher Güter. Die Zeitbegrenzung ist ein wichtiger Faktor, denn je länger der Beschenkte auf seinem Geschenk sitzen bleibt, umso schneller sinkt auch der Stern seines Ruhms. Entscheidend am Besitz ist also die Möglichkeit, ihn so großzügig wie möglich an andere weiterzugeben.

 

Der Beschenkte wiederum wird beim Gegenbesuch alles tun, um den Makel des Beschenktwordenseins auszugleichen und das erhaltene Geschenk zu übertrumpfen. Ein Geschenk von minderem Wert hat Häme und sozialen Abstieg zur Folge. Ein Horror auch in der westlichen Hemisphäre. Deshalb sind Großzügigkeit und Mildtätigkeit nach wie vor probate Methoden, um Status und Prestige zu erwerben und zu erhalten.

Alles hängt mit allem zusammen

In diesem Zusammenhang hochinteressant ist die Einteilung von Wirtschaftsgütern in superiore (hochwertige) und inferiore (minderwertige) Güterklassen, insbesondere, weil sie den klimatischen und geographischen Spezifitäten gerecht werden, unter deren Bedingungen sich Austauschsysteme unter natürlichen Bedingungen entwickeln.

 

Paradoxerweise gehören zu den inferioren Gütern ausgerechnet diejenigen, die jedes Säugetier auf der Erde unabdingbar zum Überleben benötigt: Wasser und Luft. Dies hängt damit zusammen, dass sowohl Luft als auch Wasser scheinbar unbegrenzt verfügbar sind und ihr Erwerb – zumindest in unseren Breiten – ohne Anstrengung erfolgt. Für aride Gebiete ergibt sich ein ganz anderes Bild. Der Erwerb und die Bewirtschaftung von Wasserressourcen z.B. in Nordafrika oder Mesoamerika gestalten sich enorm mühevoll und generieren gänzlich andere soziale, wirtschaftliche und politische Systeme und Mentalitäten.
Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, dass in manchen westlichen Wohlfahrtsstaaten aus politischen Gründen manche Dinge wie inferiore Güter behandelt werden, deren Wert eigentlich unermesslich und deren Erwerb bzw. Erhalt mit großen Mühen verbunden ist: Bildung und Gesundheit. Dass so getan wird, als wären sie unbegrenzt verfügbar, zeitigt sehr unschöne Folgen.

 

Superiore Güter sind solche, die entweder selten oder aber nur mit großer Anstrengung zu gewinnen sind. Hierzu gehören Gold und Edelsteine – aber auch das gute Geld. Als superior gelten mithin vor allem Dinge, die einen hohen Sehnsuchtsfaktor beinhalten, weil ihr Besitz eine Verbesserung des Prestiges oder ein Mehr an Freiheit in Aussicht stellt. Just diese eigentlich nutzlosen, weil für das Überleben aufgrund ihrer Substanz gar nicht notwendigen Güter dienen auch als Basis für die Bemessung des Geldwerts. Auf dieser Tatsache beruht die Grundproblematik der gesamten Ökonomie: Die Produktion und Allokation knapper Güter.

 

Hier zeigt sich in plastischer Weise, wie auch unter ethischen Gesichtspunkten verhängnisvoll es wäre, wenn man den Wunschtraum der meisten Menschen wahr werden und Geld vom Himmel regnen ließe. Man kann’s schließlich nicht essen.
Selbiges gilt für Gold: Sein einziger rationaler Wert liegt in der Möglichkeit des Hortens als Tauschmittel, und zwar für schlechtere Zeiten, die üblicherweise von einer Inflation der Lebensmittelpreise und, in ihrer schärfsten Ausprägung, vom Kampf ums nackte Überleben gekennzeichnet sind.

 

Solange dieser Fall nicht eintritt, überwiegt der ideelle, emotionale Wert.
Luxusgüter gehen deshalb in Zeiten des Überflusses an inferioren Gütern am besten.

 

Eines der Ziele digitaler Markenführung ist es, Marken der Sphäre der superioren Güter zuzuführen, ihnen mithin die Anmutung des Seltenen, des Besonderen und Bedeutenden zu verleihen. Wenn das gelingt, ist vieles gewonnen.
Wie es gelingen kann, werde ich Ihnen in späteren Kapiteln zeigen.

Bleib dran!

 

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